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Gemeinsamer Protest zum Tag der Pflegenden in der Metropolregion

Beschäftigte dreier Kliniken und ihre UnterstützerInnen trafen sich zur Fahrraddemo am „Tag der Pflegenden“. Gefordert wurde ein radikaler Wandel in der Gesundheitspolitik. Beschäftigte sind empört über ungerechte Bezahlung der KollegInnen vom Service. Ver.di ruft am 18. Mai zum Streik auf.

Ca. 70 Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegewesen und etliche UnterstützerInnen waren am 12. Mai einem Aufruf von Verdi und der Initiative Gesundheit statt Profit gefolgt und hatten sich auf die Fahrräder geschwungen um am Internationalen Tag der Pflegenden ihren Protest an die Öffentlichkeit zu tragen. An 150 Kliniken der BRD gab es in diesem Jahr Proteste zum 201. Geburtstag von Florence Nightingale. Die bundesweiten Proteste machten deutlich: zu feiern ist den Pflegenden nicht zu Mute, die bis über die die Grenze der Überlastung getrieben werden, weil jahrelange Proteste und Forderungen nach Entlastung nichts geholfen haben.

KollegInnen der Erlanger Uniklinik und des Klinikums Fürth mussten auf ihrer Tour dem Dauerregen trotzen. Doch der Zorn auf die gleichen Missstände bringt GesundheitsarbeiterInnen aus unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen in Zeiten der Pandemie noch näher zusammen, wie die Ansprachen der VertreterInnen aus den gewerkschaftlichen Betriebsgruppen der drei Kliniken zeigten. So erteilte Antje Hauptmann der Sparpolitik eine Absage, denn die aktuelle Politik koste Menschenleben, so die Sprecherin der Betriebsgruppe des Klinikum Nord.

Roboter sind keine Pflegekräfte

Empört wies sie so auch den Vorschlag des Klinik-Ökonomen Professor Boris Augurzky zurück, statt der geforderten Aufstockung des Pflegepersonals und einer verbindlichen Personalbemessung noch mehr Ressourcen zu sparen, z.B. durch Roboter und vor allem am Personal, wie es in der Ärztezeitung hieß.. „Mehr von uns ist besser für alle. Wir wollen eine Personalbemessung, die uns Zeit für ganzheitliche Betreuung der Patient*innen lässt. Das kann kein Roboter.“, rief Hauptmann den Protestierenden vor dem Portal des Nordklinikums zu. Ganz konkreten Änderungsbedarf im Pflegealltags sah sie bei der Ausbildung, für die mehr Zeit notwendig sei oder bei einem nicht funktionierenden  Ausfallmanagement. Zudem forderte sie eine generelle Abkehr von der Profitlogik, die Abschaffung der Fallpauschalen und ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem der Zukunft.

Die Aktionen in Nürnberg wurden auch von verschiedenen politischen Gruppen und Organisationen unterstützt. So hatte die Erlanger und Nürnberger Linke, sowie die Linke Liste dazu mobilisiert. Auch das Fürther Sozialforum unterstützte in mit einem Redebeitrag die politischen Forderungen der GesundheitsarbeiterInnen: „Wir sind betroffen, wenn das Personal so gekürzt wird, dass eine gute Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Wir sind betroffen, wenn resistente Keime sich vermehren, weil das Reinigungspersonal deutlich reduziert wurde. Wir sind besorgt, wenn junge Menschen gar nicht mehr im Krankenhaus arbeiten wollen, weil die Arbeitsbedingungen nicht auszuhalten sind. Wir sind besorgt, wenn wir von unzureichender Pflege und fehlender persönlicher Zuwendung in Altenheimen hören, als Folge eines schlechten Personalschlüssels. Wir sehen dies als eine Folge der Ökonomisierung des Gesundheitswesen und der Profitorientierung in der Altenpflege! Dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren und damit auch gegen Fallpauschalen!“, so der Redner des Sozialforums vor dem Eingang des bayerischen Gesundheitsministeriums, das den Endpunkt der bunten Fahrraddemo bildete, die mit lautem Klingelkonzert , Transparenten und Plakaten auf ihrer Fahrt durch die Nürnberger Innenstadt Aufmerksamkeit erregte.

Spahns betreibt Ettikettenschwindel bei der Altenpflege

Weitere Stationen waren das Rathaus und Einrichtungen der Caritas. Vor der Geschäftsstelle der Caritas prangerte Tatjana Sambale, die Tarifvermeidungspolitik der kirchlichen Träger an. „Die kirchlichen Träger, die Tarifverträge traditionell scheuen wie der Teufel das Weihwasser und ihren kirchlichen Sonderstatus im Arbeitsrecht mit Zähnen und Klauen verteidigen, haben durch ihre Blockadehaltung die tausenden Beschäftigten im privaten Sektor der Altenhilfe zu einer weiteren Existenz ohne Tarifvertrag, mit einer Vergütung auf Mindestlohnnivau, ohne Zuschläge, Weihnachts,-oder Urlaubsgeld verdammt.“, so die Betriebsratsvorsitzende eines privaten Altenpflegeheims mit Bezug auf den Widerstand der kirchlichen Arbeitgeber gegen einen allgemeinverbindlichen Arbeitsvertrag in der Altenpflege. „. Für Kolleg*innen mit solchen Arbeitsbedingungen, die noch dazu oftmals nur in Teilzeit zu stemmen sind, ist Altersarmut vorprogrammiert. Das ist, was am Berufende als Dank für lebenslange, berufliche Pflege alter Menschen auf sie wartet.“ sagte Sambale in ihrer Rede. Den aktuellen Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn für tarifliche Regelungen wies sie als Etikettenschwindel zurück. Es werde dadurch „unter dem Deckmantel der Diskussion um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Altenpflege, Druck auf das bestehende Lohngefüge ausgeübt.“

OB Marcus König bricht Wahlkampfversprechen

Vor dem Rathaus sprach Yazgül Dogan für ihre KollegInnen aus der Klinikum Nürnberg Servicegesellschaft. Vor 20 Jahren wurden die ServicemitarbeiterInnen des Klinikums outgesourct, was zu dramatischen Lohneinbußen führte. Dogan forderte daher unter großem Applaus die Wiedereingliederung der 800 Beschäftigten der Servicegesellschaft und Bezahlung nach TVöD für Alle. Denn gleiche Arbeit müsse auch gleich bezahlt werden. Der Oberbürgermeister Marcus König hatte dies im Wahlkampf zugesagt, will davon nun aber nichts mehr wissen und weist die Forderung unter dem Vorwand zurück, die wirtschaftliche Lage lasse das nicht zu.

Ein Sprecher der Initiative solidarischer ArbeiterInnen unterstützte die Forderungen Dogans mit Nachdruck. Er wies darauf hin, dass Solidarität in Zeiten der Pandemie in einer Klinik besonders wichtig sei, in der alle Tätigkeiten ineinandergreifen. Lohnunterschiede bedeuteten aber Spaltung. „Herr König: Erfüllen Sie ihr Wahlkampfversprechen! Schluss mit der Ungerechtigkeit! Schluss mit der Spaltung! Gleichen Lohn für Gleiche Arbeit. Wiedereingliederung der Servicegesellschaft und TVöD für alle.“, so der ISA-Redner vor dem Rathaus.

Initiative Gesundheit statt Profit fordert bedürfnisorientierte Gesundheitsfürsorge für Alle

Dass es nicht am Geld, sondern am politischen Willen fehle, machte auch Philipp Ahnert von der Initiative Gesundheit statt Profit bei der Abschlusskundgebung deutlich. „Bei Forderungen nach einem gerechteren System und einer beispielsweise gerechteren Vergütung und Personalaufstockung wird von Seitens der Verantwortlichen von „utopischen Vorstellungen“ gesprochen, für welche kein Geld vorhanden sei. Kurzum, wir sind es ihnen nicht wert!“ Nun aber müsse Schluss sein mit der „Goldschürferei auf dem Rücken der mehrwertschaffenden Arbeitnehmer*Innen und Behandlungsempfänger*Innen.“ Gemeinsam mit allen Beschäftigten im Gesundheitswesen kämpfe die Initiative Gesundheit statt Profit für bessere Bedingungen und auch für langfristige, positive Veränderungen zu Gunsten aller Betroffenen. Konkret forderte Ahnert eine gerechte Entlohnung und Personalbemessung für alle Stationen und Arbeitsbereiche, sowie eine bedürfnisorientierte Gesundheitsfürsorge für alle Menschen.

48-Stundenstreik bei der Servicegesellschaft KNSG

Gelegenheit zur Solidarität wird es schon in Kürze wieder geben. Nach dem die Arbeitgeberseite sich den Forderungen der KollegInnen vom Service verweigert, ruft Ver.di die Beschäftigten bei der KNSG zum zweitägigen Warnstreik am 18. und 19. Mai und alle anderen KollegInnen am Klinikum Nord zum Solidaritätsstreik auf. Dabei weist Ver.di ausdrücklich darauf hin, dass ein Notdienst gewährleistet bleibt und die Coronabereiche und Intensivstationen vom Streik ausgenommen sind.

„Unsere Kolleginnen und Kollegen meinen es ernst: Wir leisten unverzichtbare Arbeit im Klinikum und brauchen dafür auch eine Bezahlung, die es ermöglicht, unsere steigende Mieten zu bezahlen und unsere Kinder zu versorgen. Daher wollen wir nun ein starkes Zeichen setzen. Wir versammeln uns am Dienstagmorgen am Eingang des Klinikum Nürnberg Süd und demonstrieren am Mittwochmittag vom Gewerkschaftshaus am Kornmarkt durch die Südstadt zur Meistersingerhalle. Hier wollen wir die Stadt Nürnberg laut und deutlich in die Pflicht nehmen und OB König an sein Wahlkampfversprechen erinnern. Eine Bezahlung nach TVöD ist keineswegs undenkbar, sondern in vielen kommunalen Kliniken Realität. Wir sind keine Beschäftigten zweiter Klasse. Auch wir sind TVöD wert!“,erklärte Karin Reinfelder, Betriebsratsvorsitzende und Mitglied der ver.di-Tarifkommission.

Die Geschäftsleitung der KNSG bleibe weiterhin ein Angebot schuldig, so ver.di Gewerkschaftssekretär Martin Schmalzbauer. Daher würden die Beschäftigten mit dem Warnstreik weiter Druck machen. Sie hätten einen langen Atem, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.